Ein Arzt schuldet dem Patienten bei der Heilbehandlung die erforderliche Sorgfalt. Er schuldet dem Patienten eine Behandlung nach dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Maßgebend ist hier der Standard des jeweiligen medizinischen Fachgebietes. Grundsätzlich ist also Maßstab der jeweilige Facharztstandard. Einen besonderen Chefarztstandard gibt es nicht. Allerdings sind an ein Universitätskrankenhaus höhren Anforderungen zu stellen, als an ein Allgemeinkrankenhaus. Entspricht die Behandlung nicht diesem Maßstab, so verletzt der Arzt seine Pflichten aus dem Behandlungsvertrag.
Ein zur Haftung führender Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt nicht das Verhalten gezeigt hat, das nach dem anerkannten und gesicherten Stand der medizinischen Wissenschaft von ihm erwartet werden durfte. Häufige Behandlungsfehler sind Befunderhebungsfehler, Diagnosefehler und Therapiefehler. Häufigste Behandlungsfehler in ambulanten Arztpraxen sind das Nichterkennen einer gravierenden Erkrankung und die nicht rechtzeitige Einweisung in ein Krankenhaus. In Notaufnahmen von Krankenhäuser besteht der häufigste Fehler im Nichterkennen einer Fraktur oder einer lebensgefährlichen Situation. Gelegentlich kommt es auch vor, dass nicht notwendige Operationen vorgenommen werden. Im Bereich der Orthopädie gibt es auch viele Klagen wegen Fehler bei der Einsetzung von Knie- und Hüftprothesen. Im Bereich der Geburtshilfe ist der häufigste Vorwurf der eines zu späten Einleitung eines Kaiserschnittes bzw. einer Notsectio.
Des Weiteren schuldet der Arzt dem Patienten eine Aufklärung über den ärztlichen Befund, über Art, Tragweite, Dringlichkeit, über den voraussichtlichen Verlauf und die Folgen des Eingriffs, über Risiken, Heilungschancen und über die Folgen einer Nichtbehandlung. Über Behandlungsalternativen ist aufzuklären, wennn mehrere medizinisch gleichmaßen indizierte und überlichen Methoden mit unterschiedlichen Heilungschancen und Risiken verbunden sind. Die Aufklärung hat grundsätzlich in einem persönlichen Gespräch mit dem Arzt zu erfolgen. Die Aufklärung darf abgesehen von Bagtelleingriffen und Notfällen nicht am selben Tag des EIngriffs erfolgen. Dem Patienten muss ermöglicht werden selber abzuwägen, ob er sich einer Operation oder einer konservativen Heilbehandlung angesichts des Risikos eines operativen Eingriffs unterziehen will. Eine Aufklärung am Vortrag soll aber genügen. Es muss dem Patienten auch mitgeteilt werden, dass die Operation trotz aller Einhaltung aller Sorgfaltsprflichten fehlschlagen kann. Des Weiteren hat der Arzt auch darüber aufzuklären, wenn ein bestimmtes Risiko für einen Eingriff typisch ist. Die Aufklärungspflicht umfasst eine ausreichende Aufklärung über die Erfolgsaussichten des beabsichtigten Eingriffs. Der Patient muss auch erfahren, wie dringlich ein Eingriff ist und ob weiteres Abwarten eine Alternative ist. Insbesondere muss er darüber informiert werden, ob eine sofortige Operation zu Verhinderung schwerer Gesundheitsgefahren angezeigt ist oder ob noch genügend Zeit ist, eine Zweitmeinung einzuholen. Gibt es mehrere geeignete anerkannte Behandlungsmethoden, so muss der Patient an der Therapiewahl beteiligt werden. Liegt ein Aufklärungsfehler und ein Gesundheitsschaden vor und hätte der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Eingriff nicht durchführen lassen, hat der Patient einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Die Beweislast liegt grundsätzlich beim Patienten. Die Rechtsprechung erkennt jedoch bei bestimmten Fallgruppen eine Umkehr von der Beweislast an. Dazu gehören Anfängerfehler, Befunderhebungsfehler, voll beherrschbare Risiken und grobe Behandlungsfehler. Voll beherrschbar ist z.B. die richtige Lagerung des Patienten während der Narkose. Als grobe Behandlungsfehler gelten unverständliche Fehler, die einem Arzt schlichtwegs nicht unterlaufen dürfen
Gesetzlich Versicherte können bei Ihrer Krankenkasse nach Unterstützung fragen. Bei begründetem Verdacht auf einen Behandlungsfehler, können diese den Medizinischen Dienst der Krankenkasse mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen.
Ob ein zur Haftung führender Aufklärungs- und Behandlungsfehler des Arztes vorliegt, sollte von einem erfahrenen Fachanwalt für Medizinrecht geprüft werden. Dieser kann auch einschätzen in welcher Höhe ihnen Schmerzensgeldansprüche und sonstige Schadensersatzansprüche zustehen. Vereinbaren Sie hierzu am besten einen Termin für eine Beratung.
Als die Kindsmutter in die Charité kam, litt sie schon unter starken Wehen. Das CTG lief zunächst von 17.29 bis 17.53 Uhr. Dieses war schon auffällig (suspekt). Danach wurde das CTG zur Durchführung eines Ultraschalls durch eine Assistenzärztin abgeschaltet. Immer wieder bat die Kindsmutter um einen Kaiserschnitt. Um 18.15 Uhr erfolgte ein Blasensprung mit Abgang von dick-grünem Fruchtwasser. Um 18.33 traf ein Facharzt für Geburtshilfe (Oberarzt) ein. Dieser unternahm zunächst einen Pressversuch, der misslang. Zwischen 18.38 und 18.40 wurde eine Vakuumextraktion versucht, die jedoch ebenfalls misslang. Erst um 18.41 Uhr wurde die Entscheidung zur Schnittentbindung getroffen. Das Kind wurde um 18.54 Uhr mit Atemstillstand geboren und musste wiederbelebt werden.
Das Landgericht Berlin verurteilte die Charité dazu dem Kind sämtliche materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen, die auf die fehlerhaften Behandlung in der Klinik der Beklagten zurückzuführen sind. Die B.Z. Berlin berichtete (zum Artikel der B.Z.). Die Charité hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Landgericht Berlin Urteil vom 13.01.2016 Az.: 35 O 47/12
Weitere Schmerzensgeldurteile für Behandlungsfehler finden Sie hier: Schmerzensgeld-Urteile