Am 22.12.2022 veröffentlichte die rbb-Abendschau einen Beitrag zum Post-Vac-Syndrom nach Corona-Schutzimpfungen. Auf Anfrage einer Abgeordneten teilte die Senatsverwaltung mit, dass in Berlin keine Daten über die Anzahl an Impfschäden erhoben werden. Das bedeutet nichts anderes als, dass die Gesundheitsverwaltung überhaupt nicht weiß, wie viele Menschen davon betroffen sind.
Den Beitrag der rbb-Abendschau vom 22.12.2022 können Sie hier finden: Post-Vac und alleine gelassen
Nach den Recherchen der Süddeutschen Zeitung wurden bislang 6682 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens gestellt. Bisher wurde aber nur 285 Fälle anerkannt. Zu den häufigsten Schäden gehört die Herzmuskelentzündung und die Hirnvenenthrombose. "Manche Ärzte kommen gar nicht auf die Idee, dass es sich bei dem Problem um eine Impfnebenwirkung handeln könnte." Deshalb werden viele Impfschäden auch gar nicht statistisch erfasst. (Süddeutsche Zeitung vom 15.03.2023: Nach der Impfung kann das Herz rasen)
Ein Impfschaden liegt nach der Legaldefinition des Infektionsschutzgesetz bei einer über das normale Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung vor. Nach § 60 Infektionsschutzgesetz erhält ein Geschädigter auf Antrag eine Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes. Zur Anerkennung genügt die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs. Voraussetzung ist, dass die Impfung von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen wurde oder es sich um eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus handelt. Eine Haftung besteht allerdings nur, wenn die das Impfmittel entsprechend seiner Zulassung eingesetzt wurde. Da die Corona-Schutzimpfungen derzeit nicht für Kinder unter fünf Jahren zugelassen sind, besteht auch keine Haftung des Landes, wenn Kinder unter fünf Jahren geimpft wurden. Wird der Impfschaden anerkannt, so besteht Anspruch auf Heilbehandlung, Versorgung mit Hilfsmitteln, Pflegekosten und eine kleine Rente. Bei Nichtanerkennung kann Klage erhoben werden.
Daneben haftet immer auch der Hersteller des Impfmittels. Die Haftung ist grundsätzlich im Arzneimittelgesetz geregelt. Die Regelung in § 84 des Arzneimittelgesetzes ist als Gefährdungshaftung ausgestaltet. Das bedeutet, dass kein Verschulden erforderlich ist. Ist das Arzneimittel nach den Umständen des Einzelfalles geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht wurde (Kausalitätsvermutung). Neben den Heilbehandlungskosten und dem Verdienstausfall kann der Geschädigte ein angemessenes Schmerzensgeld fordern. Allerdings wurde jedoch kurz bevor die Impfstoffe gegen Corona herauskamen, ein Ausnahme von der Gefährdungshaftung für die Hersteller von Corona-Impfstoffen vorgesehen. Die bisher geltende Gefährdungshaftung wurde daher durch eine Rechtsverordnung (MedBVSV) für die Hersteller von Corona-Schutz-Impfungen außer kraft gesetzt. Daher muss den Herstellern ein Verschulden nachgewiesen werden. Die Hürden sind also deutlich höher gesetzt als bei sonstigen Arzneimitteln. In einem Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln wird derzeit überprüft, ob ein solcher Ausschluss der Gefährdungshaftung in einer Rechtsverordnung überhaupt zulässig ist.
Eine Haftung des die Impfung durchführenden Arztes kommt nur in Betracht, wenn er ein nicht zugelassenen Impfstoff verimpft hat, eine Kontraindikation bestand oder er nicht korrekt über Risiken des Impfstoffs aufgeklärt hat. Die alleinige Aushändigung des Hinweisblattes reicht nicht aus. Vielmehr schuldet der Arzt dem Patienten ein Gespräch, in dem dieser auch die Möglichkeit hat, Fragen zu stellen. Wurden Sie nicht richtig über die Risiken aufgeklärt, kommt auch ein Anspruch gegen den Impfarzt in Betracht.
Als erstes ist ein Antrag auf Anerkennung des Impfschadens zu beantragen. Dafür ist die jeweilige Landesbehörde zuständig. In Berlin ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales zuständig. Das Antragsformular finden Sie hier:Antragsformular
Wird Ihr Antrag abgelehnt und benötigen Sie deshalb Hilfe oder wollen Sie zusätzlich den Impfarzt oder den Hersteller verklagen, dann wenden Sie sich an uns unter Verwendung des Kontaktformulars.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die im Jahr 2020 im Bayrischen Infektionsschutzgesetz geltenden Ausgangsbeschränkungen für einen verfassungswidrigen Eingriff in Grundrechte erklärt. Danach durfte die Wohnung nur aus trifftigem Grund, wie zum Beispiel Sport und Bewegung verlassen werden. Nicht aber für das bloße Verweilen an der frischen Luft, auch nicht alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes. Bei einem solchen starken Eingriff in ein Grundrecht, bedarf ein Gesetzgeber einer besonderen Begründung. Ein Grund kann in der Hemmung des Infektionsgeschehens liegen. Eine solche Darstellung muss plausibel und einleuchtend begründet sein. Dem Gesetzgeber steht zwar ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser hat jedoch auch Grenzen. Diese liegen dort, wo ein Zusammenhang mit dem Infektionsgeschehen nicht erkennbar ist. So lag es hier. Es ist nicht erkennbar, dass das Verlassen der Wohnung einen relevanten Beitrag zur Verbreitung des Coronavirus darstellt. Bereits das Verwaltungsgericht hat das Verlassen der Wohnung als infektiologisch unbedeutend bewertet. Das Revisionsgericht schließt sich dem an.
BVerwG 3 CN 2.21 - Urteil vom 22. November 2022
Vorinstanz:
VGH München, VGH 20 N 20.767 - Beschluss vom 04. Oktober 2021 -
Grundsätzliche Informationen zur Arzneimittelhaftung finden Sie hier: arzneimittelhaftung